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WALL
UPS - Frauen, Frauen, Frauen ... |
Viele Millionen Menschen haben Großstädte wie
Wien, Paris, Rom oder New York geprägt, haben sie
aufgebaut wie Korallenstöcke, voll von Schicksalen.
Ernst Jünger meinte, man spüre das Vergangene,
wenn man durch die alten Straßen gehe. Er sieht
darin "die dunkle Nachstrahlung gelebten Lebens".
Auch an den Bildern Franz Zadrazils sind solche "Strahlungen"
spürbar. Mit seiner Kunst macht er sie zu Erlebnissen.
Gerhard Roth hat über Franz Zadrazil in solchem Sinne
geschrieben: "Kriegsspuren, Feuchtigkeit, Abgase
haben den Verputz in Mitleidenschaft gezogen, ihn mit
dem Stigma des Verfalls gezeichnet. Schon Leonardo da
Vinci hat in Sprüngen und Abblätterungen ein
Vexierbild der Welt erkannt. Neben dem Verputz und den
Fenstern spielen Türen eine entscheidende Rolle.
Heruntergelassene Eisenrollos, mit Brettern zugenagelte
Eingänge, verschlossene Scherengitter, plumpe Holztüren,
an denen die alte Farbe zum Vorschein kommt. Indem Zadrazil
Fassaden malt, erzählt er eine Fülle von Geschichten,
die in die Geschichte eingemauert sind, wie das Leben
hinter den Fassaden in Zadrazils Bildern".
Diesmal hat er speziell Frauen von den Wänden geholt.
WALL UPS nennt der Künstler die neuen Bilder, die
ein wenig an die Zeit der Kindertage des Kinos erinnern.
Da ist etwas von den schönen stummen Stars zu spüren,
wie Henny Porten und Greta Garbo in ihrer allerersten
Zeit. Zadrazil setzt mit diesen Bildern neue Akzente.
Die Fassaden wirken noch belebter als sonst und beglückend
erhält man einen neuen Beweis dafür, daß
Kunst stets auch Zuversicht bedeutet, selbst wenn der
Künstler Untergegangenes oder Untergehendes gestaltet.
In Zadrazils Leben gab es tatsächlich starke Bezüge
zum Kino. Sein Vater war Filmvorführer. Als der Sohn
an der Seite seines Vaters durch die Gucklöcher des
engen Vorführraumes über das Dunkel des Kinosaales
hinweg auf eine Bildfläche schaute, mag er die Suggestivkraft
des großen Formates erahnt haben, die von den Bildern
auf der Leinwand ausging. Er malt mit Vorliebe großformatig
und meint, daß auf diese Weise mehr Aussagekraft
entstehe, eine besondere künstlerische Aura. Das
kunstinteressierte Publikum gibt ihm recht; obgleich seine
kleinformatigen Bilder natürlich bedeutend billiger
sind, auch an den Wänden normaler Wohnungen leichter
Platz finden, sind sie viel schwieriger abzusetzen.
Zadrazil malt Motive aus Berlin, New York, Paris und Rom.
Alle Großstädte locken ihn zur Motivsuche.
Eine Ausnahme gibt es: Venedig. "Diese einzigartige
Stadt geht nicht", sagt er, "da gibt es ja keinen
Stein, der nicht schon optisch verarbeitet worden wäre".
Viele Künstler empfanden da gleich. Klimt zum Beispiel,
der weder in Venedig noch in Paris malen wollte. Carl
Moll brauchte lange, bis er sich an Venedig heranwagte.
Für Zadrazil ist dagegen New York, dieser Schmelztiegel
der Rassen, diese ungeheure Vielfalt visueller Faktoren,
von besonderer Anziehung.
Wenn Zadrazil auf Motivsuche ist, wird ihm der Fotoapparat
zum Skizzenbuch, aber die Schwarz-weiß-Fotos, die
er macht, haben nur die Funktion von Anmerkungen und Konstruktionshilfen.
Das Bild entsteht dann nach neuen Vorstellungen. Sein
Realismus ist kein Abpausen von Geschehenem, sondern hat
entscheidenden subjektiven Einsatz gegenüber dem
Objekt zur Voraussetzung. Dies allein macht die künstlerische
Tragkraft seiner Art zu malen aus.
Gerade weil Zadrazil Realist ist, muß er an seiner
Kunst das Wesentliche erfinden. Seine Orientierung an
der Wirklichkeit ist, künstlerisch gesehen, von sekundärer
Bedeutung. Erst die künstlerische Hinterfragung schafft
jene Vertiefung, die zu einem gültigen Bild führt,
Dabei geht es um eine neue Bedeutung, die von naturalistischer
Malerei weit entfernt ist, denn diese bildet ab, während
Zadrazils Realismus durch Verdichtung verwirklicht. |
Hans
Dichand
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